Mittwoch, 10. April 2013

I wie In German with English surtitles ("Elisabeth" im Raimund Theater, 10. April 2013)

Wenn schon die erste Zeile der Übertitel nicht richtig ist, kann das ja nichts Gutes verheißen, dass es so schlimm werden würde, war dann doch unerwartet. Wenn das sonore "Aber warum, Lucheni?" erklingt, liest man "Tell the court." Nun, das kann man noch künstlerische Freiheit nennen und ich bin die letzte, die nach einer wortwörtlichen Übersetzung verlangt, aber manchmal wird es wirklich lächerlich (wenn es nach Google-Translate klingt) oder enervierend (wenn nicht einmal der Sinn der jeweiligen Passage ankommt) oder auch verwunderlich (wenn ganze Zeilen dazu gedichtet werden oder manches ohne ersichtlichen Grund weggelassen wird). Vieles wäre silbentechnisch sogar singbar, allerdings hätte man sich besser auf den Inhalt denn die Form konzentriert.
Ein paar Beispiele zur Illustration (nicht alles wird immer im Wortlaut ganz stimmen, ich hab schließlich auch Besseres zu tun, als ständig die Übertitel zu lesen und mitzuschreiben, aber einen Eindruck bekommt man):

- Reden Sie keinen Unsinn > don’t be flippant

- Vater > Daddy (Ja, Elisabeth hat ein gutes Verhältnis zu ihrem Vater, aber Daddy hat nicht die richtige Konnotation.)

- kein Kommen ohne Gehen > no shadow without light

- erfreulich > quite lawfully

- Bauernadel > pig farmer

- könntest du einmal nur durch meine Augen sehen > if I could walk in your shoes (Die geänderte Metapher ist mir recht, aber es müsste „you in my shoes“ heißen, um das Gleiche auszusagen.)

- ich hab dich verpasst > you are still distressed (Es scheint, manchmal hat man sich schlicht für Lautgleichheit entschieden.)

- Wenn Sophie bei "Eine Kaiserin muss glänzen" in den Übertiteln betont, dass es um Pflichten und nicht um Schönheit geht, ist es später etwas unverständlich, warum sie es plötzlich ("Uns're Kaiserin soll sich wiegen") befürwortet, dass Elisabeth sich ihrer Schönheit widmet.

- schließlich ist er abgeblitzt > though he's irresistible

- auch wenn man Toilette theoretisch mit toilet übersetzen kann, ist auch im Englischen toilette für die übertragene Bedeutung gebräuchlich

- Ansonsten geht's ihr gut, der Kaiser hört auf ihren Rat > her mother has no time, she helps his father rule the land (Wie bitte? Mit welchem Libretto wird denn hier gearbeitet?)

- nie kommt sie zur Ruhe, hetzt uns von Ort zu Ort > she buys horses, learns Greek now, writes poems (Zusatzinformation) EDIT: Korrektur, mea culpa, das korrespondiert natürlich nicht mit Elisabeths Hofdamen, sondern Franz Josephs Entourage und passt schon.

- ich kann den Kaiser ja verstehen > but then … I’m attracted to her

- und eine Frau mit einer Frau > to fight a witch you need a bitch

- irgendwo in Bellaria > she’s stirring up Hungary (noch mehr Zusatzinformation)

- Mir fällt nichts ein > well, then a few …

- Mama > mother (Warum gerade hier, an der emotionalen Stelle nicht das auch im Englischen gebräuchliche "Mama" - mit Betonung auf der zweiten Silbe und langem A - zum Einsatz kommen konnte, ist fraglich.)

- bei „Ich gehör nur mir“ und „Die Schatten werden länger (Reprise) hat man der Einfachkeit halber die bereits vorhandenen Übertragungen genommen. Wenn da nicht „the shades of night grow longer“ vorkommen würde, wäre es ja erträglich.

Ob man dem Publikum, das nicht Deutsch spricht, wirklich einen Gefallen tut, wage ich zu bezweifeln.

Verwunderlich: Restkarten in der 5. Reihe Parkett zu bekommen.

Erfreulich: die Besetzung. Oliver Arno als Tod zu sehen ist ein Erlebnis. Es ist so angenehm, wenn jemand tatsächlich singt und nicht schreit. Er zeigt eine ruhigere, erhabenere Interpretation der Rolle, in der man viel an der Mimik, Gestik und Körpersprache ablesen kann. Jörn-Felix Alt als Franz Joseph hat mich mindestens so beeindruckt wie Franziskus Hartenstein. Ganz besonders als gealterter Kaiser. Ich kann mich nicht erinnern, wann ich das letzte Mal eine so gute „Alt-Stimme“ gehört habe. Da stiehlt er bei „Boote in der Nacht“ Annemieke van Dam selbst mit weniger Text leicht die Show.

2 Kommentare:

  1. ...Toilet? O_o

    Ich habe gar nicht gewusst, dass die heutzutage Übertiteln haben. Die Übersetzungswissenschaftlerin in mir möchte sehr gerne die sehen.

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  2. Leider, bei den Übersetzungen wird überall gespart (Google gibt's ja gratis). Ist leider auch im TV oder Kino zu merken. Wenn man sich eine Serie in Deutsch und dann im (Original) Englisch ansieht, braucht man sich nicht mehr zu wundern, daß so viele Shows oder Filme bei uns floppen. Da geht jeder Witz- und leider auch der Sinn - verloren.

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