Mittwoch, 21. März 2012

[Musical] "Cats" (29. Februar 2012, Theaterzelt St. Marx)

Vier Wochen ist es jetzt her, dass ich Cats gesehen habe und trotzdem fällt es mir nicht leicht, Worte zu finden. Nicht, weil es ich so sprachlos bin vor lauter Ehrfurcht und Staunen. Das ist es nicht. Ich habe nur das Gefühl, dass sowieso schon alles gesagt wurde, was es zu sagen gibt. Das Stück ist ein Klassiker und selbst denen bekannt, die im Normalfall eher nichts mit Musicals zu tun haben (wollen). Im Prinzip könnte man es auch einfach mit den Worten von Maxwell Sheffield, dem wenig weitsichtigen Produzenten aus der US-amerikanischen TV-Serie The Nanny, sagen:
It was about a bunch of pussy cats singing in a garbage can. (Maxwell Sheffield in The Nanny)
Denn Handlung hat Andrew Lloyd Webbers Musical keine, zumindest keine nennenswerte. Ein Haufen Katzen, jede mit ihrer ganz eigenen Persönlichkeit, singt in einer Vollmondnacht, um das Privileg in die Sphären aufzusteigen und wieder geboren zu werden. Das ist der blassrote Faden durch das Stück und mit ein paar Ausnahmen könnte man die Lieder auch in beliebiger Reihenfolge auf die Bühne bringen. Der Reiz von Cats liegt aber sowieso weniger in der "Handlung" als im Drumherum. Im Gegensatz zu anderen ebenso handlungsarmen Musicals hat Cats aber wenigstens gute Musik (auch wenn ich "Memories" noch immer nicht leiden kann) und tolle Tanzsequenzen. Für eine Tanz-affine Person wie mich hat sich der Kauf der Tickets fast schon alleine für die ausgiebigen Tanzszenen gelohnt.
Mangels Vergleichswerte ist die aktuelle Tour-Produktion für mich natürlich nur schwer zu beurteilen, zu der "Orchester-Misere" ist auch schon viel gesagt worden. Es ist jedenfalls selbst für Cats-Neulinge zu hören, dass es viel zu wenige Orchestermitglieder sind. Das kann auch das durchwegs gute besetzte Ensemble nur bedingt wettmachen (die jeweilige Besetzung des Abends von Monitoren abschreiben zu müssen ist nebenbei bemerkt äußerst mühsam. Ist es so schwer den Programmheften einen Zettel beizulegen?).  Vor allem Masha Tarell als Grizabella hat da so ihre Probleme und die Aussage eines Kindes nach Ende des ersten Akts bringt es auf den Punkt: "Die Katze am Schluss war voll fad." Überhaupt war es dramaturgisch wenig nachvollziehbar den ersten Akt in so einer Anti-Klimax enden zu lassen. Persönliche Highlights hingegen waren Arne Stephan als Rum Tum Tugger und Mark John Richardson als Mr. Mistoffelees.

Cats ist mit Sicherheit nicht das beste Stück auf Erden und wie es jahrelang an manchen Spielorten laufen kann/konnte ist mir immer noch ein bisschen schleierhaft. Die aktuelle Tour-Produktion krankt vor allem an den Einsparungen beim Orchester, das Theaterzelt selber ist aber erstaunlich effektiv und lässt ein "richtiges" Theater weniger vermissen als gedacht. Wer das Stück bereits kennt und liebt, wird es sowieso nicht verpassen. Wer (so wie ich) seine "Musicalgrundbildung" erweitern möchte, hat hier eine gute Gelegenheit, wenn auch die Kartenpreise nicht gerade einladend sind.

Aufgrund der großen Nachfrage wurde das Gastspiel in Wien noch bis zum 1. Juli 2012 verlängert.

Im Web:
Meinungen anderer:

    3 Kommentare:

    1. Bin da ähnlicher Meinung...und auch noch im Überlegen, ob es sich überhaupt lohnt darüber zu schreiben :) Hab mir CATS am Dienstag angesehen - zum ersten Mal - und naja, was blieb ist eigentlich vor allem Enttäuschung...der Großteil des Publikums hat sich vor Begeisterung allerdings kaum mehr einkriegen können...

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      1. Ich hab auch überlegt, ob ich noch was schreiben soll, aber da es so ein Klassiker ist, wollte ich zumindest ein paar Worte darüber verlieren. Außerdem hatte ich schon eine Weile nichts mehr geschrieben. ;-)
        Der Großteil des Publikums ist nicht unbedingt immer meiner Meinung, die um mich herum waren auch hingerissen, v.a. von "Erinnerung" und das konnte ich partout nicht nachvollziehen...

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    2. Mein Resüme: die Qualität unserer Theateraufführung konnte keine andere jemals schlagen: Ich habe Cats bei uns einige Male im Theater an der Wien und Ronacher gesehen, sowie vor Jahren in einer Tourneeaufführung in der Stadthalle, in den USA und jetzt im Theaterzelt.

      Zum Theaterzelt muß ich leider sagen: gute Stimmen, aber tänzerisch teilweise sehr reuhmatisch (unser Munkustrap hat mit den Händen herumgerudert wie ein Nichtschwimmer und muß ziemliches Kreuzweh gehabt haben) und die Kostüme/Schminke laienhaft (wer um Gottes Willen hat das Deuteronimus Kostüm entworfen, der hat ausgesehen wie ein Yeti!). Die etwas geänderte Fassung (warum wurde das Duett bei der Piratenszene geändert?) war unrund. Bei der wiener Originalversion waren die Schauspieler zu 100 % Katzen so lange sie auf der Bühne waren. Diese Disziplin fehlt im Zelt. Ein Bekannter hat es auf den Punkt gebracht: es war zu "menschlich" (anstatt kätzisch).

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