Und wieder einmal rettet ein kleines Theater den Ruf Wiens als Musicalstadt. Das Theater Drachengasse zeigt mit Ordinary Days noch bis 13. Oktober wie Musical (auch) sein kann und soll. Unaufgeregt, berührend, mitreißend und lebensnah.
Meinungen anderer:
Im Web:[Bild via (c) viennatheatreproject] |
Ordinary Days ist eine Art „Episodenmusical“,
wenn man das so nennen kann. Adam Gwon (über den leider nichts im Programm
steht) lässt uns am Leben und Gefühlsleben von vier Menschen teilhaben, die in
New York leben. Claire und Jason sind ein Paar und gerade erst zusammen
gezogen, aber so ganz rund läuft es nicht. Deb, eine neurotische Studentin,
kämpft mit ihrem Lebensplan und Warren fühlt sich etwas verloren in der großen
Stadt. Sie haben sich am Ende weiterentwickelt, aber nur Claires Geschichte hat
eine wirklich interessante Wendung (die ich an dieser Stelle nicht verraten
will, weil sie einen der besten Momente des ganzen Musicals zerstören würde). Ein
bisschen banal ist das alles schon irgendwie. Ordinary people und ordinary days
eben.
Alle vier sind gewissermaßen Archetypen
und gerade Debs Charakter wirkt hie und da etwas überzeichnet. Sarah Est
meistert diese Herausforderung und zeigt komödiantisches Talent („Dear Professor
Thompson“ war wirklich gut). Auch Peter Neustifter (Warren) weiß zu überzeugen.
Alan Burgon legt die Figur des Jason sehr sanft und gefühlsbetont an (Highlight:
„Favourite Places“) und sein Duett „Fine“ mit Kudra Owens (Claire) sprüht vor
Chemie. Gerade letztere hat mit „Gotta Get Out“ und „I’ll be here“ die
stärksten Momente des Abends. Was für eine Stimme! Die vier Darstellerinnen und Darsteller nehmen einen vom ersten Moment an für sich ein und schaffen es, dass man ihnen trotz (oder vielleicht gerade wegen?) der Alltäglichkeit ihrer Sorgen, bis zum Ende gerne zusieht und -hört.
Das Musical handelt zu einem
großen Teil auch von der Entfremdung in einer großen Stadt, in der man zwar nie
alleine, aber oft einsam ist. Dass das auch in der kleinen Kulisse des Theater
Drachengasse funktioniert, ist schon ein wenig erstaunlich. Schließlich stehen
die Darstellerinnen und Darsteller den Leuten in der ersten Reihe fast auf den
Füßen und das Bühnenbild besteht lediglich aus einem Baugerüst und zwei Kisten.
Doch unter der Regie von Joanna Godwin-Seidl und der musikalischen Leitung von
Brigit Zach (auch am Piano) entfaltet das Stück einen Charme, der sicher nicht
nur dieser physischen Nähe geschuldet ist.
Fazit: Überaus sehenswert. Wer es noch nicht gesehen hat und noch Karten bekommt (gestern war die Vorstellung ausverkauft), sollte hingehen.
Meinungen anderer:
- Kultur Channel: "Ordinary Days" - das sehenswerteste Musical derzeit in Wien
- Musical Awakening: Vienna Theatre Project: Ordinary Days - Theater Drachengasse
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